Ordnungsgemäße Beteiligung der SBV durch den Arbeitgeber
Beteiligung der SBV bei allen personellen Maßnahmen
Nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören.
Beteiligung der SBV bei der Kündigung schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Arbeitnehmer
Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung nach Satz 1 ausspricht, ist unwirksam (§ 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX).
Gegen jede Kündigung, mag sie noch so rechtswidrig sein, muss allerdings eingehend beim Arbeitsgericht binnen drei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben werden (§ 4 KSchG). Anderenfalls wird die Kündigung wirksam (§ 7 KSchG). Das gilt auch für Kündigungen ohne ordnungsgemäße Beteiligung der SBV oder z.B. bei einer Kündigung ohne (nach Ablauf der Probezeit von 6 Monaten erforderliche) Zustimmung des Integrationsamtes nach § 168 SGB IX.
Wie unterrichtet der Arbeitgeber die SBV ordnungsgemäß?
Die Unterrichtung muss die Schwerbehindertenvertretung in die Lage versetzen, auf die Willensbildung des Arbeitgebers einzuwirken. Der Arbeitgeber hat der Schwerbehindertenvertretung mündlich oder schriftlich (rechtlich zulässig sind beide Formen der Unterrichtung; allerdings kann der Arbeitgeber ein Beweisproblem bei nur mündlicher Unterrichtung bekommen) seine Kündigungsgründe im Sinne von § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG mitzuteilen. Dabei muss er den Sachverhalt, den er zum Anlass für die Kündigung nehmen will, so umfassend beschreiben, dass sich die SBV ohne zusätzliche eigene Nachforschungen ein Bild über die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe machen und beurteilen kann, ob es sinnvoll ist, Bedenken zu erheben (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.01.2023, 5 Sa 82/22).
Der Arbeitgeber muss die Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Dabei hat er auch die Umstände mitzuteilen, die sich bei objektiver Betrachtung zugunsten des Arbeitnehmers auswirken können. Neben dem Kündigungssachverhalt sind der Grad der Behinderung des Arbeitnehmers und ggf. die Gleichstellung sowie grundsätzlich die weiteren Sozialdaten (Beschäftigungsdauer, Lebensalter, Unterhaltspflichten) mitzuteilen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 17.01.2023, 5 Sa 82/22).
Binnen welcher Frist kann die SBV Stellung nehmen?
Der Arbeitgeber muss die Schwerbehindertenvertretung nicht nur ausreichend unterrichten, sondern ihr auch genügend Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Die Schwerbehindertenvertretung hat bei einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung eine Woche Zeit, dem Arbeitgeber etwaige Bedenken mitzuteilen. Bei einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung muss sie spätestens innerhalb von drei Tagen etwaige Bedenken mitteilen. Einer ausdrücklichen Fristsetzung durch den Arbeitgeber bedarf es nicht (BAG, Urteil vom 13.12.2018, 2 AZR 378/18).
Beteiligung der Gesamt-SBV
Ist in nur einem von mehreren Betrieben des Unternehmens eine SBV gewählt, ist diese ohne Wahl automatisch Gesamt-SBV für alle Betriebe (§ 180 Abs. 1 S. 2 SGB IX), wenn ein Gesamtbetriebsrat besteht. Beabsichtigt der Arbeitgeber die Kündigung eines schwerbehinderten, bzw. gleichgestellt behinderten Menschen eines Betriebs ohne örtliche SBV, ist diese Gesamt-SBV zu beteiligen. Gleiches gilt natürlich auch für eine gewählte Gesamt-SBV, die ebenfalls zuständig ist für Betriebe ohne SBV (§ 180 Abs. 6 S. 1 SGB IX).
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