Pflichten einer Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers
Der folgende Blogbeitrag stellt einen kurzen Ausschnitt aus dem Fachbuch „Schwerbehindertenrecht für Inklusionsbeauftragte der Arbeitgeber“ dar, welches am 1. Dezember 2023 erscheinen wird.
Der Inklusionsbeauftragte vertritt den Arbeitgeber gemäß § 181 Satz 1 SGB IX eigenverantwortlich in den Angelegenheiten schwerbehinderter Menschen. Er ist Ansprechpartner für die schwerbehinderten und ihnen gleichgestellt behinderten Beschäftigten, die Schwerbehindertenvertretung und den Betriebsrat, bzw. Personalrat (§ 182 Abs. 1 SGB IX) und ist Verbindungsperson zum Integrationsamt und die Agentur für Arbeit (§ 182 Abs. 2 S. 2 SGB IX).
Das Gesetz geht damit davon aus, dass der Inklusionsbeauftragte in Vertretung des Arbeitgebers die Anforderungen des Schwerbehindertenarbeitsrechts erfüllen kann. Zu denken ist hier beispielsweise an die Erarbeitung eines Entwurfs und die anschließende Verhandlung einer Inklusionsvereinbarung nach § 166 Abs. 1 SGB IX, die Beantragung von Leistungen beim Integrationsamt nach § 185 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 SGB IX in Verbindung mit der Schwerbehindertenausgleichsabgabeverordnung (z.B. die Beantragung eines Beschäftigungssicherungszuschusses oder einer technischen Arbeitshilfe). Zu denken ist weiterhin an die rechtzeitige Beteiligung der SBV vor personellen Maßnahmen gemäß § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX oder die Durchführung der Kündigungsprävention nach § 167 Abs. 1 SGB IX.
Der Inklusionsbeauftragte bleibt bei seiner Tätigkeit (anders als die SBV oder der BR) an Weisungen des Arbeitgebers gebunden. Die Beschäftigten, die SBV und der BR können sich trotz Bestellung eines Inklusionsbeauftragten auch direkt an den Arbeitgeber wenden. Dieser wird durch die Bestellung eines Inklusionsbeauftragten von seinen arbeitsrechtlichen Pflichten nicht befreit.
Nach § 181 Satz 3 SGB IX muss der Inklusionsbeauftragte auch überwachen, dass der Arbeitgeber seine rechtlichen Pflichten zugunsten schwerbehinderter und ihnen gleichgestellt behinderter Menschen einhält. In der Praxis dürfte es deshalb ratsam sein, dass der Inklusionsbeauftragte sich nach seiner Bestellung mit der Personalabteilung zusammensetzt, um zu prüfen, ob bestimmte Abläufe im Unternehmen, z.B. der Prozess der Stellenbesetzung oder die Beteiligung der SBV vor personellen Maßnahmen den Anforderungen des SGB IX und AGG genügt. Weiterhin sind Maßnahmen zu diskutieren, wie die Beschäftigungsquote von mindestens 5 % (§ 154 Abs. 1 SGB IX) erreicht werden kann, sollte sie entgegen § 164 Abs. 3 SGB IX unterschritten sein.
Der Inklusionsbeauftragte muss darüber wachen, dass der Arbeitgeber die in § 238 Abs. 1 SGB IX genannten Pflichten und die durch den Gesetzgeber in § 178 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX zusammengefassten Pflichten einhält:
Nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX muss der Arbeitgeber
- seine Beschäftigungspflicht aus den §§ 154, 155, 164 Abs. 3, 241 Abs. 1 SGB IX erfüllen,
- ein Verzeichnis der im Betrieb oder der Dienststelle beschäftigten schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten behinderten Menschen laufend führen (§163 Abs. 1 SGB IX) und dem Inklusionsbeauftragten, der örtlichen Schwerbehindertenvertretung und dem örtlichen Betriebsrat, bzw. Personalrat fortlaufend aktuell[1] in Kopie übermitteln (§ 163 Abs. 2 Satz 3 SGB IX),
- der Agentur für Arbeit einmal jährlich spätestens bis zum 31. März des Jahres für das vorangegangene Kalenderjahr die Daten anzeigen, die zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht und der Erhebung der Ausgleichsabgabe unternehmensbezogen (nicht betriebsbezogen)[2] notwendig sind (§ 163 Abs. 2 und Abs. 6 SGB IX) und dem Inklusionsbeauftragten, der Gesamtschwerbehindertenvertretung sowie dem Gesamtbetriebsrat, bzw. Gesamtpersonalrat eine Kopie der Anzeige übermitteln (§ 163 Abs. 2 Satz 3 SGB IX i.V.m. § 180 Abs. 6 SGB IX),
- dem Integrationsamt und der Agentur für Arbeit am Sitz des Betriebs, bzw. der Dienststelle die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen unverzüglich nach der Wahl sowie die Inklusionsbeauftragte unverzüglich nach ihrer Bestellung namentlich benennen (§ 163 Abs. 8 SGB IX),
- die Schwerbehindertenvertretung richtig, vollständig und rechtzeitig unterrichten sowie rechtzeitig anhören (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX),
- dem Anspruch der schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf eine behinderungsgerechte Beschäftigung (§ 164 Abs. 4 SGB IX) nachkommen,
- falls erforderlich eine Kündigungsprävention (§ 167 Abs. 1 SGB IX) durchführen,
- eine Benachteiligung schwerbehinderter Beschäftigter ausschließen (§ 164 Abs. 2 SGB IX i.V.m. dem AGG)[3],
- binnen 12 Monaten länger als 6 Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähigen Beschäftigten ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ordnungsgemäß anbieten und das BEM seinen Zwecken entsprechend durchführen (§ 167 Abs. 2 SGB IX),
- die Schwerbehindertenvertretung, den Betriebsrat und die Agentur für Arbeit in allen Phasen des Stellenbesetzungsverfahrens (§§ 164 Abs. 1, 165 SGB IX) ordnungsgemäß beteiligen,
- eine Inklusionsvereinbarung abschließen (§ 166 Abs. 1 SGB IX) und
- in der Versammlung schwerbehinderter Menschen über den Stand der Inklusion im Betrieb oder der Dienststelle berichten oder in Vertretung durch den Inklusionsbeauftragten berichten lassen (§ 166 Abs. 4 SGB IX).
[1] ArbG Bonn, Beschluss vom 21.01.2015, 4 BV 81/14, Urteilstenor.
[2] BAG, Beschluss vom 20.03.2018, 1 ABR 11/17, Rdz. 33.
[3] Hierzu u.a. BAG, Urteil vom 16.05.2019, 8 AZR 315/18, Orientierungssatz 1.